Ambulante neuropsychologische Diagnostik und Therapie: Was jetzt zu tun ist
Die ambulante neuropsychologische Diagnostik und Therapie wird Kassenleistung: Diese Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) begrüßen Neurologen, Nervenärzte und Psychiater in Deutschland. „Es geht um die Versorgung von bis zu 60.000 Patienten, die an den Folgen eines Schlaganfalls, eines Schädelhirntraumas oder sonstiger neurologischer Erkrankungen leiden. Bisher wurden sie nach der stationären Akutbehandlung und der Neurorehabilitation nicht ausreichend ambulant versorgt“, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), Dr. Frank Bergmann. Das soll sich nun ändern.
Hintergrund
Ende November hatte der G-BA nach jahrelanger wissenschaftlicher und formaler Prüfung entschieden, die ambulante neuropsychologische Therapie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen aufzunehmen. Einen entsprechenden Prüfantrag hatte vor Jahren die Kassenseite der Selbstverwaltung eingebracht. Im Auftrag der KBV haben neurologische und psychiatrische Fachärzte, ärztliche Psychotherapeuten und Ärzte der ambulanten Neurorehabilitation an dem Prüfverfahren im G-BA konstant mitgewirkt. Bisher stehen für die Versorgung dieser Patienten mit organischer Hirnschädigung im ambulanten Bereich die fachärztliche neurologische und gegebenenfalls nervenärztliche und psychiatrische Behandlung sowie Heilmittel in Form von Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie zur Verfügung. Diese Möglichkeiten decken den spezifischen Behandlungsbedarf für die komplexen kognitiven Teilleistungs- und psychischen Anpassungsstörungen der Patienten mit organischen Hirnschädigungen jedoch nicht ab.
Was jetzt zu tun ist
Damit Patienten die neue Leistung im Laufe des kommenden Jahres in Anspruch nehmen können, sind noch einige Aufgaben zu bewältigen:
„Die Selbstverwaltung muss jetzt im Bewertungsausschuss und anderen Gremien schnell die Zulassungsbedingungen von Ärzten und Psychotherapeuten konkretisieren und Vergütungsvereinbarungen treffen“, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN), Dr. Uwe Meier. Dabei sei es entscheidend wichtig, dass die Krankenkassen für diese neue Leistung auch neues Geld zur Verfügung stellten.
Auf die Weiterbildung ging die Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP), Dr. Christa Roth-Sackenheim, ein: „Die Bundesärztekammer muss die erforderliche Qualifikation für Fachärzte in einem entsprechenden Weiterbildungs-Curriculum festlegen“, betonte sie.
BVDN, BDN und BVDP bitten die Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP), dafür zu sorgen, dass die Zahl der zur ambulanten Zulassung befähigten psychologischen Psychotherapeuten und neuropsychologisch Qualifizierten so zunehme, dass in überschaubarer Zeit eine flächendeckende Versorgung der Patienten möglich wird.
Dr. Paul Reuther aus dem BVDN-Vorstand regte an, im Rahmen der Zentren für Neurologie und Seelische Gesundheit, der so genannten ZNS-Netze, regionale Arbeitsgruppen für die zügige Umsetzung der neuen Behandlungsmöglichkeiten einzurichten. Hier sei es möglich, die neuen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für die bedürftigsten Patienten sinnvoll mit vorhandenen zunächst sicher knappen Ressourcen abzugleichen.
Neuropsychologie-Richtlinie des G-BA
Nach der neuen Neuropsychologierichtlinie sollen neuropsychologische Leistungen in einem mehrstufigen Verfahren eingeleitet werden: Fachärzte für Neurologie, Nervenheilkunde, Psychiatrie, Psychiatrie- und Psychotherapie, Neurochirurgie sowie Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie stellen die Indikation fest. Anschließend soll die vertiefende neuropsychologische Diagnostik und Therapie durch Fachärzte, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jungendpsychotherapeuten erfolgen, die eine spezifische, neuropsychologische Zusatzqualifikation erworben haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen die Therapeuten spezifisch zulassen.
Die neuropsychologische Therapie kann künftig in Einzel- und Gruppensitzungen erfolgen. Zu Beginn der Behandlung ist eine Phase von bis zu fünf probatorischen, diagnostischen Sitzungen vorgesehen. Dann soll die zuständige Krankenkasse über den Therapiebeginn informiert werden.
Die Behandlung umfasst restitutive Therapieinterventionen, also Behandlungen zur neuronalen Reorganisation, kompensatorische Therapien, um Ersatzstrategien für ausgefallene Funktionen zu erlernen, und eine so genannte integrative Therapie zur Verarbeitung der Schädigungsfolgen und zur Reintegration in das soziale Umfeld. Die neue Neuropsychologie-Richtlinie erlaubt auch langfristige Therapien, wie sie bei schwergradig Hirngeschädigten erforderlich sein können. Eine Abstimmung zwischen dem neuropsychologischen Therapeuten und den behandelnden Ärzten und anderen therapeutisch Beteiligten ist ausdrücklich möglich, Interventionen mit Angehörigen und sozialen Bezugspersonen sind möglich und erwünscht.
PM Ambulante neuropsychologische Diagnostik und Therapie: Was jetzt zu tun ist