Kita-Streik: Kinder- und Jugendpsychiater sehen Kinder als Leidtragende
Seit Wochen streiken Erzieherinnen und Erzieher für eine bessere Entlohnung ihrer Arbeit. Das Ende ist offen.
In der öffentlichen Diskussion geht es neben den sicher berechtigten Interessen der Erzieher vor allem um die Schwierigkeiten für die berufstätigen Eltern, ihre Kinder ersatzweise unterzubringen. Auch das ist ein wichtiges Anliegen.
Aber: Was geschieht mit den Kindern? Kinder benötigen in besonderem Maße verlässliche Beziehungsangebote. Welchen Eindruck nehmen die Kleinen mit in ihr weiteres Leben? „Sie werden durch die Notbetreuung zwar versorgt, oftmals wahrscheinlich recht gut – aber sie erleben auch, dass sie hin- und hergeschoben werden und dass sie Stress verursachen. Sie lernen, dass ihre Bezugspersonen nicht verlässlich sind, dass sie ihre Wünsche und Ziele nicht weiter verfolgen können und dass sie ihre Sorgen zurückstellen müssen“, sagt Dr. med. Gundolf Berg, Vorsitzender des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP) in Mainz und stellvertretender Vorsitzender des Spitzenverbandes ZNS (SPiZ).
„Positiv formuliert könnte man sagen, dass es die Eigenständigkeit der Kinder fördert, in Wirklichkeit stellt es aber das Vertrauen der Kinder in die Verlässlichkeit der Erwachsenen grundlegend in Frage“, so Berg. Lernen funktioniere über Beziehung. Das gelte umso mehr, je jünger die Kinder seien. „Momentan lernen die Kinder vor allem, dass sie sich auf die Erwachsenen in den Kindertagesstätten nicht verlassen können“, kritisiert der Kinder- und Jugendpsychiater. Auch wenn die Erzieherinnen für die Kinder im Fokus stünden, trügen die Arbeitgeber eine ebenso große Verantwortung. „Wir appellieren an alle Beteiligten, den Streik rasch zu beenden und am Verhandlungstisch nach Lösungen zu suchen“, so Berg.
Kita-Streik: Kinder- und Jugendpsychiater sehen Kinder als Leidtragende