Spitzenverband ZNS zum Anti-Korruptionsgesetz: Die Klarheit fehlt!
Kritik am Entwurf für ein sogenanntes Anti-Korruptionsgesetz übt der Spitzenverband ZNS (SPiZ). „Korruption im Gesundheitswesen muss bekämpft werden. Aber dieser Gesetzesentwurf schafft in seiner bisherigen Form mehr Verwirrung als Klarheit“, kritisiert der Vorsitzende des Spitzenverbandes, Dr. Frank Bergmann.
Die Ausführungen des Gesetzes seien immer noch so vage, dass Ärzte fürchten müssten, wegen völlig legitimer Kooperationen, zum Beispiel zwischen Krankenhäusern und Praxen, in das Visier der Strafverfolgungsbehörden zu geraten. „Es mag ja sein, dass Juristen diesen Verdacht im Einzelfall jeweils ausräumen können. Aber wenn alle Formen von Zusammenarbeit zum Beispiel in regionalen Netzstrukturen zunächst unter Generalverdacht stehen und juristische Gutachten brauchen, dann hemmt das den notwendigen Aufbau von regionalen vernetzten Strukturen erheblich – zum Schaden unserer Patienten“, so Bergmann.
Der Vorsitzende des SPiZ wies daraufhin, dass der Versorgungsdruck in den ZNS-Fächern – Psychiatrie, Neurologie, Nervenheilkunde und Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie – immer mehr steigt. „Nur mit einer intensiven strukturierten Zusammenarbeit aller Akteure in der Region – also Netzstrukturen – können wir diese Patienten ohne überlange Wartezeiten qualitativ hochwertig betreuen“, so Bergmann. Der SPiZ fordere daher vom Gesetzgeber Rechtssicherheit für die gewollte und notwendige Zusammenarbeit von Heilberuflern.
Bergmann kritisiert, die Diskussion um den neuen Straftatbestand „Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Ausübung eines Heilberufs“ verstelle den Blick auf relevante Missstände im Gesundheitswesen, die weiter ungeklärt blieben. „Wir brauchen mehr unabhängige klinische Forschung in Deutschland“, fordert der SPiZ-Vorsitzende. Er verweist auf ein Strategiepapier der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), wonach der unabhängigen klinischen Forschung in Deutschland „erhebliche Investitionen in Technik und Personal“ fehlen (1). „Wenn die klinische Forschung in Deutschland in weiten Teilen von der Industrie übernommen wird, dann ist das ein gewaltiges und höchst problematisches Einfallstor für die Durchsetzung von Industrie-Interessen“, so Bergmann.
Der Gesetzentwurf sieht vor, einen neuen Paragrafen 299a ins Strafgesetzbuch aufzunehmen, der Bestechung oder Bestechlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe ahndet. Die Strafandrohung gilt für Heilberufler – also auch für Apotheker, Physiotherapeuten und andere – und für jene, die ihnen unzulässige Vorteile versprechen, zum Beispiel von Seiten der Industrie. Nach Paragraph 300 drohen bei besonders schweren Fällen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Unter Strafe gestellt werden sollen korruptives Verhalten bei „dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial“.
(1) http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2015/sgkf_empfehlungen_klinische_forschung_150720.pdf | Empfehlungen der DFG-Senatskommission zur klinischen Forschung
Autor
Dr. med. Frank Bergmann