Zahl der psychisch Erkrankten steigt während der Corona-Pandemie sprunghaft an: Versorgung steht vor dem Kollaps
Depressionen, Angsterkrankungen und Sucht nehmen dramatisch zu – auch Kinder und Jugendliche sind stark betroffen. Weniger als zehn Minuten Gespräch im Monat werden für einen Patienten vergütet.
Deutschlands Nervenärzte schlagen Alarm: Die Corona-Ausnahmesituation seit Anfang dieses Jahres führt zu einer starken Verunsicherung in der Gesamtbevölkerung. Die Zahl der Hilfesuchenden in den Praxen ist in den vergangenen Monaten sprunghaft angestiegen. Besonders schwer trifft es Patienten mit bereits bestehenden Angsterkrankungen. „Wir müssen unseren Patienten eine schnelle und intensive Behandlung mit fachärztlicher Präzision garantieren. Die Gesprächsleistung ist dabei desaströs unterfinanziert. Es werden weniger als zehn Minuten Gespräch für einen Patienten im Monat bezahlt. Wie sollen wir damit unseren Patienten aus der Krise helfen? Wenn wir die Patienten nicht adäquat versorgen können, drohen Zuspitzungen psychischer Erkrankungen bis hin zur Suizidalität, eine Chronifizierung von Erkrankungen mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität für die Patienten und lange AU-Zeiten und Frühberentungen, die auch die Wirtschaft nachhaltig und zusätzlich belasten“, so Dr. med. Uwe Meier, Präsident des Spitzenverbands ZNS (SpiZ).
Dr. med. Gundolf Berg, Vizepräsident des SpiZ und Vorsitzender des Berufsverbands für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland: „Auch junge Menschen leiden stark unter der Corona-Pandemie. Wir müssen aufpassen, dass keine „Corona-Generation“ heranwächst. Zwei Drittel der Altersgruppe beklagt eine verminderte Lebensqualität mit vielfältiger Symptomatik, das ist eine Verdopplung gegenüber der Zeit vor der Pandemie. Kinder sind auch von der Verunsicherung ihrer Eltern, die sich mitunter in Kurzarbeit befinden und unter Existenzängsten leiden, betroffen.“
Dr. med. Sabine Köhler, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte: „Nur die dezentrale ambulante Behandlung konnte vielen Patienten auch nach Schließung von Klinikbetten die notwendige Hilfe und Stabilität bieten. Unsere rund 24.000 Fachärzte und Fachärztinnen arbeiten seitdem im Schnitt eine Stunde pro Tag mehr. Aus Langzeituntersuchungen früherer Epi- oder Pandemien wissen wir, dass psychische Erkrankungen nach überstandener Akutgefahr in der Bevölkerung zunehmen. Psychiater, Psychosomatiker, Psychotherapeuten und Nervenärzte sind systemrelevant. Deren dann so besonders wichtige Gesprächsleistungen sind desaströs unterfinanziert. Die betriebswirtschaftliche Kalkulation dieser Leistung ist Makulatur.“
Je länger die Corona-Pandemie andauert, je mehr leiden die Menschen unter Ängsten und Stresssymptomen. Diese können ihrerseits zu einer Verschlimmerung vorhandener Symptome oder zu neuen psychischen und häufig auch psychosomatischen Symptomen führen. „Wir müssen diese Patienten jetzt mit Hilfe von niederschwelligen, zeitlich individuell getakteten Gesprächen auffangen und versorgen können“, erläutert Dr. med. Irmgard Pfaffinger, Vorsitzende des Berufsverbands der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. „Anderenfalls gehen diese Patienten oft jahrelang einen leidvollen und kostenträchtigen Weg durch unser Gesundheitssystem“.
Der Spitzenverband ZNS fordert in diesem Zusammenhang eine Gesetzesänderung, die die vertragsärztliche Versorgung von Patienten mit psychischen Krankheiten sicherstellt.
Der Spitzenverband ZNS (SpiZ) ist der Zusammenschluss der bedeutendsten fachärztlichen Berufsverbände auf dem Gebiet der ZNS-Versorgung: Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik, Kinder- und Jugendpsychiatrie und ärztlicher Psychotherapie. Er vertritt die Interessen seiner Mitglieder gebündelt, um diese gegenüber der Politik, der Selbstverwaltung und der Öffentlichkeit zu vertreten.
Die aktuellen Mitgliedsverbände des SpiZ:
Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN)
Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN)
Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP)
Berufsverband der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (BPM)
Berufsverband ärztlicher Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker in der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (BÄP in der DGPT)
Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP)
Durch seine Mitgliedsverbände vertritt der SpiZ die für die Versorgung von psychisch, psychosomatisch und neurologisch erkrankten Patienten relevanten Fachärzte und Fachärztinnen in Deutschland. Insgesamt werden 24.000 Fachärzte und Fachärztinnen der genannten Disziplinen durch den SpiZ vertreten.
Website SPiZ: spitzenverband-zns.org
Kontakt:
Spitzenverband ZNS (SpiZ)
Geschäftsstelle
RA Bernhard Michatz
Geschäftsführer
Wulffstr. 8
12165 Berlin
Tel +49 30 / 94878310
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